Blinde und Linux

written by Martin Häcker on

Heute war ich Brunchen mit Bekannten - insbesondere war da auch ein Blinder dabei, der Linux benutzt und versucht von Windows wegzukommen.

Das war spannend. Zuerst einmal, dass Computerbenutzung für Blinde ein riesen Problem ist. Die bekommen von irgendwelchen Firmen für irrsinnig viel Geld Windows-Computer verkauft, die dann vielleicht auch funktionieren - für die sie aber 5000 € jährlich bezahlen müssen. (Ob die Zahl jetzt stimmt sei mal dahingestellt - Fakt ist, es ist teuer).

Und die Krankenkassen sind da nicht so geberfreundlich - denn wer braucht denn schon das Internet? Selbst braille-Zeilen sind wohl ein echter Kampf bis man sie kriegt. (UNGLAUBLICH wenn man sich das überlegt!)

Dabei geht es ja auch anders: Linux hat die Kommandozeile, die für Blinde schon mal ein großer Vorteil ist - und sie können freie Software selber Hacken bis Sie tut was sie brauchen.

Was wohl z.B. bei dem Gnome Screenreader Orca auch einige tun. (Yay! More power to you!)

Prinzipiell haben Blinde mit freier Software überhaupt eine Chance, denn der Markt gibt viele Hilfen die sie bräuchten einfach nicht her. Spezielle Routenführer für Blinde? Gibt es, aber dort stehen für Berlin nicht mal die U-Bahnen mit drinn. Geschweige denn wo genau der Eingang dazu ist und ob sie aus dem Zug jetzt vorne oder hinten aussteigen sollen, damit sie gleich noch eine Unterführung unter der Straße nutzen können.

Das fand ich überhaupt das Spannendste, wo denn die Probleme liegen. Also zum Beispiel:

  • Open Office funktioniert wohl ganz gut - aber sobald man eine Präsentation im Full-Screen Modus anschaut, rendert OpenOffice offenbar die Folien als Bild - tada, die Screenreader Information fehlt und alles ist still.
  • Scannen ist ein riesen Problem. Es gibt einfach keine Software mit vernünftiger Layout- und Tabellen-Erkennung die eine genügend hohe Erkennungsrate hat. Bis vor kurzem war noch nicht mal drinn dass die Orientierung des Textes erkannt wurde...
  • PDFs lesen geht nicht. Acrobt Reader soll es wohl können - aber die freie Software noch nicht.
  • Browsen mit Firefox funktioniert gut - aber wenn man eine lange Seite schnell ein paar mal scrollt (space oder pagedown) dann dauert es manchmal bis zu einer Minute bis der Screenreader auch so weit gekommen ist.

Spannend. Das sind nicht ganz die Probleme mit denen ich gerechnet hätte. Vor allem dass GUI-Anwendungen so wichtig sind. An Firefox und OpenOffice kommt kein Blinder vorbei.

Noch ein eher abschreckendes Beispiel: Er hat an der exzellenten Freien Universität Informatik Studiert. Dabei ist er aber gescheitert, weil z.B. die Aufgabenblätter zwar als PDF kamen - aber darin nur gescannte Aufgabenblätter waren...

Peinlich.